| Liebe
            Kinder,liebe jugendliche und erwachsene
 Schwestern und Brüder im Herrn!
 1.
            Schon zum zweiten Mal wende ich mich in dieser Fastenzeit auf diesem
            Wege an Sie. Aber die rasante Entwicklung, die die Coronakrise in
            den letzten Wochen genommen hat mit ihren gewaltigen Auswirkungen
            auch auf das kirchliche Leben, drängt mich, als Bischof zu Ihnen zu
            sprechen. Erstmals
            in der Geschichte der Kirche wird es nicht möglich sein, unser
            höchstes Fest, das Fest der Auferstehung Christi, in leibhaftiger
            Gemeinschaft zu feiern. Niemand hätte sich das noch vor vier Wochen
            vorstellen können! 2.
            Bevor ich ein paar Hilfen anspreche, wie wir in dieser Situation
            trotzdem Ostern feiern können, will ich mich zuallererst an die von
            Ihnen wenden, die erkrankt sind, unter strenger Quarantäne stehen
            oder gar um ihr Leben bangen. Unsere Gedanken und Gebete sind bei
            Ihnen. Seien Sie gewiss: Der Herr, der sein Leben für uns am Kreuz
            hingegeben hat, ist bei Ihnen. Er verlässt Sie nicht! Mit der
            Kirche beten wir für Sie: Der
            Herr nehme von Ihnen alle geistigen und körperlichen Schmerzen. In
            seinem Erbarmen richte er Sie auf und mache Sie gesund an Leib und
            Seele. 3.
            Ein ebenso großes Anliegen ist es mir, einen tief empfundenen Dank
            aussprechen: 
              Allen, die in den
                Krankenhäusern, Altenheimen, Sozialstationen, Laboren und
                sonstigen Einrichtungen unter Einsatz all ihrer Kräfte kranken
                Menschen beistehen, Not lindern, Diagnosen stellen und mit
                Hochdruck an der Entwicklung eines Impfstoffes arbeiten.Allen, die in der
                Politik, in der Wirtschaft und in den vielen anderen
                gesellschaftlichen Bereichen täglich neuen Herausforderungen
                begegnen, die ohne Beispiel sind und wo besonnene und gut
                überlegte Entscheidungen von oft großer Tragweite gefällt
                werden müssen.Als Bischof ist es
                mir ein besonderes Anliegen, auch den Pfarrern und den
                pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den vielen
                Frauen und Männern in den Pfarreien zu danken. Ich habe viel
                telefoniert und im Internet recherchiert, auch viele
                Rückmeldungen und Emails bekommen. Die Kreativität, die ich
                beobachte im Umgang mit dieser außergewöhnlichen Situation,
                der Ideenreichtum und auch die Leidenschaft, trotz oder gerade
                in dieser so belastenden Situation für die Menschen da zu sein
                und das kirchliche Leben aufrecht zu erhalten, das Evangelium zu
                verkünden und Gottes Zuwendung zu vermitteln, all das bewegt
                mich sehr und ich bin stolz auf Sie alle! Vergelt‘s Gott Ihnen
                allen! Und ich bitte Sie, nicht nachzulassen, gerade im Blick
                auf die besonders bedürftigen: alte, kranke, demente,
                behinderte Menschen.Ich danke
                schließlich von Herzen allen kirchlichen Mitarbeitern, die
                jetzt die durch Freistellung vom Dienst geschenkte Zeit nützen,
                sich ehrenamtlich einzubringen in den zahlreichen Initiativen
                der Sorge um Schülerinnen und Schüler, kranke, behinderte und
                alte Menschen.   4.
            Die durch die Corona-Pandemie verursachte Situation unterscheidet
            sich von den bisher bekannten Krisen wie Kriegszeiten oder
            Naturkatastrophen. Die jetzige Krise betrifft die gesamte
            Menschheit, die sich gerade in dieser Bedrohung als Einheit
            erfährt. Und sie unterscheidet sich dadurch, dass ein
            Heilmittel, ja das größte und wichtigste Heilmittel, nur sehr
            eingeschränkt verfügbar ist: die konkret und auch leiblich
            erfahrbare Gemeinschaft untereinander. Kirchlich fehlen uns die
            Feier der gottmenschlichen Gemeinschaft in der Versammlung der
            Schwestern und Brüder und auch die Feier der Versöhnung in der
            Beichte sehr. Statt
            Ihnen zurufen zu können: Kommt zusammen, unterstützt Euch, greift
            Euch unter die Arme, ja nehmt Euch in die Arme – muss ich Ihnen
            mit allen Fachleuten den bitteren Rat geben: Vermeiden Sie die
            körperlichen Kontakte und menschliche Nähe, gehen Sie sich so gut
            wie möglich aus dem Weg. Das ist deshalb so schlimm, weil wir
            Menschen auf die Gemeinschaft hin angelegt sind. Soziale Kontakte zu
            reduzieren betrifft das Menschsein im Kern. Da gibt es nichts zu
            beschönigen! Jeder und jede, die darunter leidet, empfindet
            vollkommen richtig. Aber
            die Vernunft und die christliche Nächstenliebe zwingen uns zu
            dieser Maßnahme. Denn so können wir mithelfen, die Ausbreitung der
            Krankheit zu verlangsamen, der gegenüber wir so hilflos sind, weil
            es noch keinen Impfstoff gibt und kein adäquates Medikament. Die
            Nachrichten, die uns aus Italien, aus Spanien und auch aus den USA
            erreichen, müssen uns eine dringende Warnung sein und ein Appell,
            dem Rat der Experten und den Weisungen der Regierung zu folgen. Aber,
            liebe Schwestern und Brüder, wir lassen uns nicht unterkriegen! Wir
            bleiben eine Gemeinschaft, wir bleiben in Kontakt – untereinander
            und mit unserem Herrn. Und: Wir werden Ostern feiern, wenn auch ein
            wenig anders, als wir es gewohnt sind und es eigentlich vorgesehen
            ist. 5.
            Die Oster-Liturgie wird heuer im kleinsten Kreis begangen.
            Der Bischof feiert mit seinen engsten Mitarbeitern im Dom, die
            Pfarrer in ihren Pfarrkirchen mit den engsten Mitarbeiterinnen und
            Mitarbeitern. Wir
            dürfen auf das Prinzip „Stellvertretung“ vertrauen! Der Bischof
            und die Priester feiern ja nicht für sich und privat. In dieser
            Situation wird uns besonders bewusst: Ins Gebet der Kirche sind
            immer alle eingeschlossen, insbesondere sind wir im gemeinsamen Leib
            Christi in der Tiefe miteinander verbunden. Ich
            weiß, dass all dies niemals ein wirklicher Ersatz sein kann. Aber
            es ist doch immerhin eine Notlösung, von der wir hoffen und beten,
            dass sie bald wieder abgelöst wird von der gemeinschaftlichen
            Feier. Gebe Gott, dass die uns jetzt auferlegten Beschränkungen die
            Sehnsucht nach der gottesdienstlichen Gemeinschaft und nach dem Brot
            des Himmels wachsen lasse. Die
            Erfahrungen, die wir in den letzten Tagen mit den Internet- und
            Fernsehübertragungen gemacht haben, sind sehr ermutigend. Viele
            Tausende von Schwestern und Brüdern haben mithilfe der Technik an
            der Gebetsgemeinschaft teilnehmen können. Ich danke allen, die die
            technische Übertragung möglich machen! Und ich bitte Sie, diese
            Möglichkeiten jetzt in den kommenden Tagen der Karwoche und der
            Osterzeit noch verstärkt zu nützen. Wir versuchen, auf der
            Homepage des Bistums und in den Zeitungen alle wichtigen
            Informationen dazu bereit zu stellen. Ich bitte Sie, sich dort auf
            dem Laufenden zu halten. Helfen Sie denen, die, aus welchen Gründen
            auch immer, vom Informationsfluss abgeschnitten sind. Ich bitte Sie
            herzlich, stehen Sie gerade den älteren Menschen bei, die
            vielleicht keinen Computer und so auch keinen Zugang zum Internet
            haben. Unterstützen Sie sie, damit sie die Möglichkeiten
            ausschöpfen können, die Rundfunk und Fernsehen bieten. Ich weiß,
            dass vielen in diesen Tagen das Programm von Radio Horeb zum Segen
            gereicht. Helfen Sie zusammen, dass alle die entsprechenden Sender
            finden. 6.
            Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten, in den eigenen vier
            Wänden „Hauskirche“ zu gestalten. Das Gotteslob, mit dem man
            schon bei den im Fernsehen und im Internet übertragenen Messfeiern
            mitsingen kann, enthält etliche Andachten und Gebete für den
            einzelnen oder die Hausgemeinschaft: Kreuzwegandachten,
            Passionsandachten, Osterandachten. Wir werden Ihnen zusätzlich
            Vorlagen für Hausgottesdienste zur Verfügung stellen. Die
            Regensburger Sonntagsbibel, die mittlerweile in vielen Haushalten
            ihren festen Platz hat, enthält alle Schrifttexte aller
            österlichen Gottesdienste. Die reiche Bebilderung gerade der
            Passionsberichte am Palmsonntag und am Karfreitag lädt zur
            Betrachtung und zum verweilenden Gebet ein. Auch die Sonntagszeitung
            ist uns hier eine große Hilfe! Ich
            verweise auch auf die alte Tradition, daheim einen Hausaltar zu
            gestalten: ein Kreuz, ein Bild, die aufgeschlagene Bibel, Blumen,
            Kerzen. Gerade im Monat Mai war es in vielen Häusern üblich, einen
            Mai-Altar zu bauen, und ich lade ein, diese Traditionen lebendig zu
            halten oder wiederzubeleben. Und
            wie wir an Weihnachten eine Weihnachtskrippe aufstellen, so gibt es
            auch die Möglichkeit, eine Passions- oder Osterkrippe zu bauen. Auf
            unserer Homepage und auch auf „Jahreskrippen.de“ finden Sie dazu
            Anregungen! 7.
            Dazu kommen die vielen Elemente des Brauchtums, die die Liturgie
            traditionell begleiten und uns in dieser Situation noch hilfreicher
            sind als sonst. Die
            heuer in Heimarbeit (und nicht in froher Runde) gestalteten
            Palmbuschen, die in den Kirchen gesegnet werden, sollen wie immer
            unsere Kreuze schmücken, Christus, dem König der Könige, huldigen
            und den Segen in den Stall und auf die Felder tragen. Die
            Osterkerze wird auch im Jahr 2020 die Kirche erhellen und uns
            Christus nahe bringen als das Licht, das die tiefste Finsternis
            erhellt, sogar Licht bringt in die Dunkelheit von Grab und Tod. Auch
            zuhause darf das österliche Licht brennen. Viele haben schon immer
            ihre Osterkerze selbst verziert mit Auferstehungsmotiven; eine gute
            Möglichkeit, sich gerade auch dieses Jahr auf Ostern vorzubereiten! Bereiten
            Sie auch heuer einen Speisenkorb vor zum Ostersonntag. Der Segen aus
            dem Dom und aus der Pfarrkirche kann von Ihnen aufgenommen werden in
            einer häuslichen Feier zum Osterfrühstück, wofür wir Ihnen auch
            eine Vorlage vorbereiten. Zu
            den österlichen Zeichen gehört nicht zuletzt das gesegnete
            Osterwasser, das uns an die Taufe erinnert und an das göttliche
            Leben. Im Dom werden wir es in kleinen Gefäßen abfüllen und zum
            Mitnehmen bereitlegen. Ich weiß, dass es viele Pfarreien auch so
            handhaben. Besprengen Sie die Gräber mit dem Osterwasser und
            verbinden Sie damit das Gebet für die Verstorbenen. 8.
            Ein Wort an alle, die sich gewünscht hätten, dass die Kirche mehr
            auf ihre Rechte und die Freiheit der Religionsausübung pocht: Sie
            haben insofern Recht, als die Kirche nicht nur systemrelevant,
            sondern sogar heilsrelevant ist! Und auch insofern, als die
            Eucharistie als „Arznei der Unsterblichkeit“ (Ignatius
            von Antiochien) noch wichtiger ist als alle anderen Medikamente. Aber
            der Staat stellt doch nicht das Christsein unter Strafe, wie einst
            das römische Reich in den Zeiten der Christenverfolgung, als die
            Christen als Staatsfeinde angesehen wurden, weil sie den Staatskult
            ablehnten. Im Jahr 304 ließen sich tatsächlich die Märtyrer von
            Abitene lieber verhaften und totschlagen, als auf die gemeinsame
            Feier der Eucharistie zu verzichten. Aber
            das ist überhaupt nicht vergleichbar. Ich distanziere mich
            ausdrücklich von allen Verschwörungstheorien und danke unseren
            verantwortlichen Politikern für ihr entschlossenes Handeln. Nur
            gemeinsam und im oben beschriebenen Sinn werden wir diese Krise
            meistern und auch dieses Jahr Ostern feiern. Und ich vertraue auch
            darauf, dass die Verantwortlichen Maß und Ziel kennen. Nicht dass
            wir zwar vom Corona-Virus verschont bleiben, dafür aber an
            Verarmung oder Vereinsamung und gebrochenem Herzen sterben. 9.
            Die Zeit wird freilich auch kommen, da wir in uns gehen und uns
            werden fragen müssen, was wir aus dieser epochalen Krise lernen. Schon
            jetzt erfahren wir schmerzhaft, wie hinfällig und gefährdet unser
            Leben ist, wie sehr wir angewiesen sind auf Gottes Segen und die
            Kraft von oben. Sicherheiten werden uns aus der Hand geschlagen und
            Allmachts-Phantasien zertrümmert. Vielleicht
            werden tatsächlich dem Land die Sabbate ersetzt, die ihm vom Kult
            schier grenzenlosen Wachstums geraubt worden waren (vgl. 2 Chr
            36,21). Der Sabbat steht dabei nicht nur für eine Unterbrechung des
            profanen Geschäftsbetriebs, sondern zu allererst für eine bewusste
            Hinordnung auf Gott. Aber diesen Fragen werden wir uns verstärkt
            zuwenden müssen, wenn wir das Tal der Tränen durchschritten haben. 10.
            Liebe Schwestern und Brüder, in früheren Zeiten haben Menschen in
            großer Not eine Wallfahrt gelobt als Bußwerk. Selbst dies ist uns
            jetzt verwehrt. Aber ich lade Sie ein, ein Gebetsanliegen, eine
            Bitte oder einen Dank, an den Verein der Regensburger Fußwallfahrt
            nach Altötting zu senden. Wir
            wollen den Anliegenrucksack füllen und unser Gebet auch dieses Jahr
            zum Herzen Bayerns nach Altötting tragen; und wenn es nur eine
            Gruppe von zwei Pilgern stellvertretend für alle ist. 11.
            Wenn die Pandemie dann aber überstanden ist, werden wir ein großes
            Fest feiern und eine diözesane Dankwallfahrt begehen, zu der ich
            jetzt schon herzlich einlade! Alle Details werden geklärt und
            bekanntgegeben, sobald die Zeit dafür gekommen ist. Auf
            die Fürsprache der Gottesmutter Maria, der Heiligen und Seligen
            unseres Bistums sowie aller Heiligen segne und bewahre Sie und Euch
            alle vor aller Krankheit der dreifaltige Gott, der + Vater
            und der + Sohn und der + Heilige Geist. Regensburg
            am Hochfest der Verkündigung des Herrn, 25. März 2020 +
            Rudolf Bischof von
            Regensburg |